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Kapitel 20–35

20. (31) Et quoniam, dum benivolentiam eius pandere ||f.7.|| temptavimus, virtutum eius copia palam occurrerunt, pro viribus commodum decernimus quantulumcumque de his nescienti||35||bus desiderantibusve enucleare. Hoc enim comperit omnis qui illius familiaritati adesit, caritate eum vincere cunctos. Nunquam enim quae sibi, set pocius quae utile aliis iudicavit, agere voluit; quod si fecisset, cito correxit. Caritatis enim amore, ut plures faceret salvos, aliorum circuibat cellas et eis regulae sanctae pandebat absconsa. Caritate utique plenus, Arelato[1] cum quam pluribus episcopis, abbatibus, monachis perplures resedit dies, ||40|| canonum secreta pandens et beati Gregorii papae homelias enucleans ignorantibus. Plenus nempe caritate, ex diversis locis in suo coenobio susceptos alebat clericos ac monachos, quibus magistrum preponens, sacris imbuebat sensibus.[2] Caritate sibi iniuriam facientibus munera destinabat. Neque laborandum est, ut pandamus, quae melius cuncti viderunt, perplures obsequio experti sunt.   20. (31) Und während wir versucht haben, sein wohlwollendes Wirken auszubreiten, trat ja die Menge seiner Tugenden offen zu Tage. Und so haben wir beschlossen, gemäß unseren Kräften eine geeignete Auswahl von diesen für diejenigen herauszuarbeiten, die sie noch nicht kennen oder die es wünschen. Ein jeder, der zu seiner Gemeinschaft gehörte, hat nämlich erfahren, dass er mit seiner Liebe alle anderen ausstach. Denn niemals wollte er etwas für sich tun, sondern lieber etwas, das er als nützlich für andere befand. Und falls doch, machte er es schnell wieder gut. Aufgrund seines Verlangens, Liebe zu erweisen, besuchte er die Klöster der anderen, um möglichst vielen das Heil zu bringen, und eröffnete ihnen das Verborgene der heiligen Regel. Und so saß er gleichsam voller Liebe in Arles mit sehr vielen Bischöfen, Äbten und Mönchen viele Tage lang zusammen, erklärte die Geheimnisse der Lehrsätze und erläuterte den Unwissenden die Predigten des seligen Papstes Gregor. Und voller Liebe nahm er in seinem Kloster Kleriker und Mönche aus verschiedenen Gegenden auf, ernährte sie, setzte ihnen einen Lehrer vor und erfüllte sie mit heiligem Sinn. Aus Liebe beschenkte er diejenigen, die ihm Unrecht antaten. Aber ich sollte mich nicht weiter bemühen, etwas zu beschreiben, das alle besser selbst gesehen haben und das viele in seinem Gefolge selbst erfahren haben.
||45|| 21. (32) A rigore vero suae primae conversionis paululum declinarat, quoniam inpossibile opus adsumserat; set voluntas eadem permanebat. Siquidem cum arantibus ipse arabat, cum fodientibus socius erat, cum messoribus metebat. Et quamvis regio illa solis calore esset adusta, et ita vapor ygnis velut a clibano procedens incendebat pocius quam calefiat, hic suis nimio fervore aestuantibus vix ante oram refectionis aquae ||50|| poculum indulsit. Nam labore defessi, ygne perusti, frigidam pocius desiderabant aquam ||S. 209|| quam vinum. Nec erga eum quisque murmurare poterat, quoniam similia paciebatur. Quae eis res non modicum ferebat solamen, quoniam, dum se arentem siti cerneret, humanius erga suos agebat; nec laborantium quis fabulis perstrepere audebat, sed manus opere, linguae occupabantur psalmodiis. Euntium enim et redeuntium ac laborantium ora divinis ||5|| meditationibus erant intenta. Sepe eum etiam palmas caedere vidimus, eorum videlicet qui erga eum in potu cyboque humanius agere conati sunt. Sepe sibi positum vas mensurare conspeximus; et, sicut hi qui cellario prefuerunt narrant, aliis bibentibus vinum, aquam excepto sabbato aut dominica die, sepe bibebat. Sepe a cybo eius pinguedinem subtraximus, et ne vel exigua particula casei triti in eo inveniretur, summopere curabatur. ||10|| Carnem quadrupedum a die conversionis suae usque ad exitum vitae edere noluit; ius e pullo compositum sumebat, si aliqua accessisset debilitas. Multos etiam per annos primaevo tempore pinguedinem vetuit, caeteris vero, quotiens oportunum fuit, ea quae sibi negabat prebebat. Tanta enim eius erat sollicitudo, ut, si vel modica grana leguminum vel exiguae porri comae cauliumque folia ab eo neglecta invenirentur, mox digna excommuni||15||cationis animadvertebatur sententia, cuius probaretur esse delictum. Sin autem quis ei aquam ad lavandum porrigeret et ut solet largius quam decet effunderet, peccatum incurrere fatebatur, eo quia discretionis non incederet calle. (33) Erat illi et hoc singulare bonum. Nam[3] si quis cogitationibus concussam mentem gerens, mox ut ad eum accederet, eius salubre consilio tumultuosa turba cogitationum abibat. Sepe etiam cum infestis cogitatio||20||nibus pulsatus quis, sicut a vero fratre didici, diceret, quia: 'Ibo et pandam vos domno Benedicto', ilico inportunus ab eo ||f.7'|| recedebat tumultus. Si[4] quis vero gravioribus esset detentus delictis, illi cor suum pandens, consolationis recipiebat fomentum. Si tristiciae morbo angeretur, accedens ad eum, mox laetus discessit.   21. (32) Von der anfänglichen Strenge seiner Lebensführung wich er freilich ein wenig ab, denn er hatte eine unmögliche Aufgabe angenommen. Seine Willenskraft aber blieb dieselbe. Er führte nämlich selbst den Pflug zusammen mit den anderen Pflügenden, mit den Grabenden grub er und mit den Schnittern mähte auch er. Und obwohl jene Gegend durch die Hitze der Sonne verbrannt war und der Gluthauch, der wie aus einem Ofen hervorströmte, eher verbrannte als wärmte, gewährte er den seinen, die unter der allzugroßen Hitze litten, kaum einen Becher Wasser vor der Essenszeit. Denn durch die Arbeit erschöpft und durch die Hitze ausgetrocknet verlangten sie lieber nach kaltem Wasser denn nach Wein. Und niemand konnte gegen ihn murren, erduldete er doch das gleiche. Und eben dies brachte ihnen nicht geringen Trost, denn soweit er erkannte, dass er selbst vor Durst schmachtete, verhielt er sich gegenüber den Seinen umso freundlicher. Und keiner der Arbeiter wagte es, durch Geschwätz laut zu werden, sondern die Hände wurden durch Arbeit und die Zungen durch Psalmengesänge beschäftigt. Denn die Münder derjenigen, die umhergingen, die zurückkamen oder die arbeiteten, waren eifrig mit frommen Gebetsübungen beschäftigt. Oftmals haben wir auch gesehen, wie er die Handflächen derjenigen schlug, die es wagten, sich ihm gegenüber bei Getränken und Speise freundlicher zu verhalten. Oftmals haben wir bemerkt, wie er das ihm vorgesetzte Trinkgefäß abmaß. Und wie diejenigen, welche die Aufsicht über den Keller inne hatten, berichten, trank er oftmals Wasser, während die anderen Wein tranken, außer samstags und sonntags. Oftmals haben wir aus seinem Essen das Fett entfernt. Größte Sorgfalt wurde darauf verwendet, dass darin kein noch so winziges Stückchen geriebener Käse gefunden wurde. Fleisch von vierfüßigen Tieren wollte er vom Tag seines Eintritts ins Kloster an bis zu seinem Tod nicht essen. Wenn er geschwächt war, nahm er Hühnerbrühe zu sich. Über viele Jahre während seiner Jugendzeit lehnte er Fett ab, den übrigen aber gewährte er, was er sich selbst verweigerte, sooft sich die Möglichkeit dazu bot. So groß war nämlich seine Sorgfalt, dass er, wenn er kleine Gemüsestückchen oder winzige Lauchstengel und Kohlblätter achtlos weggeworfen auffand, sogleich als geeignete Strafe die Exkommunikation über den verhängte, der dieses Vergehens überführt wurde. Wenn aber jemand ihm Wasser zum Waschen reichte und, wie man das gewöhnlich macht, mehr Wasser, als sich ziemt, ausgoss, gab er ihm zu erkennen, dass er in Sünde geriete, weil er nicht den Weg des Maßes beschreite. (33) Er besaß auch diese einzigartige Gabe: Wenn jemand im Geiste von üblen Gedanken erschüttert wurde, verschwanden durch seinen heilsamen Rat die ganzen ihn aufwühlenden Gedanken, sobald er zu ihm ging. Häufig geschah es auch, wie ich von einem aufrichtigen Bruder erfahren habe, dass wenn einer von bösartigen Vorstellungen geplagt wurde und sagte: "Ich werde zum Herrn Benedikt gehen und euch ihm eröffnen", sich die quälende Aufruhr auf der Stelle von ihm zurückzog. Wenn aber jemand durch schwerere Vergehen gefangen war, öffnete er ihm sein Herz und empfing die Linderung des Trostes. Wenn jemand durch Schwermut bedrückt wurde und zu ihm ging, verließ er ihn alsbald wieder fröhlich.
22. (34) Aucta est autem turba monachorum Deo famulantium, ita ut plus quam 300 ||25|| fierent, ob quorum eximiam congregationem talem mansionem construere iussit, quae mille et eo amplius homines capere videtur, centum recipiens cubitos in longitudinem et viginti in latitudinem;[5] et quia cetera loca eos capere non quibant, constituit locis congruis cellas, quibus prefectis magistris posuit fratres.   22. (34) Die Schar der Gott dienenden Mönche aber stieg weiter an, sodass sie mehr als dreihundert wurden. Wegen dieser außerordentlichen Ansammlung ließ er ein so beschaffenes Haus errichten, das über tausend Menschen aufnehmen konnte und hundert Ellen lang und zwanzig breit war. Und weil andere Orte diese Menschen nicht aufnehmen konnten, gründete er an geeigneten Orten Klöster, auf die er die Brüder unter der Leitung von Lehrern verteilte.
23. (35) Accidit denique eodem tempore inundatio pluviarum, quiescentibusque magistro cum fratribus, ||30|| subito ab ambobus hostiis ingredi redundans aqua coepit acquiescentium occupare domum. Pavore vero fratres perterriti concite surgunt. Domus autem latrinarum super torrentem magno cum labore fuerat sita, quam tumens torrens nitebatur subvertere, ita ut ab inferioribus conquassientes rauco cum murmure undae in iamiamque ruituram prosilirent domum. Concurrunt pariter media ferme nocte ad ecclesiam, ubi ipse pater perveniens primus, signi funem arripuit, iussitque canere laudes sanctorumque implorare ||35|| suffragia atque cum lacrimis una Dei flagitare clementiam. Post multas quoque preces adeunt visere, si iam domus foret subversa. Quo eunte venerabile viro obscura sub caligine noctis, vepris cruribus eius aesit, nimioque taedio affectus, lacrimabiliter, ut sedaretur inundatio, Deum deprecatus est. Set cum ad locum devenerunt, integro descendisse pede aqua reperta est. Confisi iam de Dei adiutorio, ad socios in ecclesia constitutos redeunt, et beneficia Dei narrantes, pariter benedixerunt Deum.   23. (35) In jener Zeit kam es aufgrund von Niederschlägen zu einer Überschwemmung. Während der Lehrer zusammen mit den Brüdern schlief, begann das übertretende Wasser plötzlich durch beide Eingänge einzudringen und das Schlafhaus zu füllen. Eilig erhoben sich die vor Furcht aufgeschreckten Brüder. Das Haus für die Latrinen aber war unter großer Anstrengung über einem Bach errichtet worden. Der angeschwollene Bach versuchte es zum Einsturz zu bringen, indem die von unten mit dumpfem Getöse heranbrechenden Fluten gegen das Haus strömten, das jeden Augenblick zusammenzubrechen drohte. Sie (die Brüder) liefen alle gleichzeitig etwa um Mitternacht bei der Kirche zusammen, wo der Vater selbst als erster ankam, das Glockenseil ergriff und dazu aufforderte, Lobgesänge anzustimmen, die Hilfe der Heiligen zu erflehen und gemeinsam unter Tränen die Milde Gottes zu erbitten. Nach vielen Gebeten gingen sie nachzusehen, ob das Haus schon eingestürzt war. Als der ehrwürdige Vater dorthin lief, verhakte sich ein im Dunkel der Nacht verborgener Dornbusch an seinen Beinen. Und von gewaltiger Verzweiflung erfasst, bat er inständig unter Tränen Gott, dass die Flut nachließe. Aber als sie dort ankamen, stellten sie fest, dass das Wasser um einen ganzen Fuß gesunken war. Sie vertrauten nun auf Gottes Hilfe und kehrten zu den in der Kirche befindlichen Mitbrüdern zurück, erzählten von den Wohltaten Gottes und gemeinsam priesen sie Gott.
||40|| 24. (36) Interea audientes eius sanctitatis famam gregisque eius sanctam opinionem, postulare instanter exempli gratia monachos nonnulli episcopi coeperunt, de quibus Leidradus[6] Lugdunensium pontifex volens monasterium quod vocatur Insula-Barbara[7] rehedificare, quaesivit instanter qui ei initium bonae vitae ostenderent, et accepit siquidem electos ferme a grege 20 discipulos, quibus preposuit rectorem eosque Burgundiae partibus ad ||45|| habitandum direxit. Quo, prestante Christo domino, nunc in sancta religione pollentes et florentes, pregrandis est turba adgregata monachorum. Theodulfus[8] quoque Aurelianensium presul, cum monasterium Sancti Maximini[9] construere vellet, a iam prefato viro postulat regularis disciplinae peritos. Cui mox adsensum prebuit et bis denos illi monachos, prefecto magistro, misit. Qui constanter in sancto studio decertantes, non parvam monachorum ||50|| turbam coadunarunt. Quos cum visitandi gratia pater venerabilis adisset, quae ibidem acta sint pandam. Siquidem eius prestolantes adventum, omni studio satagunt, quatinus eius pro amore copia piscium cyborumque apparatus non solum illi, verum etiam omnibus fratribus foret abunde. Fit concursus fratrum, sollicitantur piscatores, perscrutantur nun||S. 210||dinae; set tanta evenit difficultas, ut nec ad emendum invenirentur nec ab eis capi possit; qua de sterelitate nimio afficiebantur moerore. Advenit interdum magister, gaudentes suscipiunt, gaudensque eorum profectibus resalutat; set verecundiam fratres laeto celabant sub vultu. Preterea accidit, ut frater quidam quippiam operis exercens iuxta fluvium ||5|| Ligeris sisteret; et ecce subito pregrandem piscem, quem ysicem[10] vocant, conspicit circa littus natantem; ad quem non tardus ||f.8.|| capiendum insiluit abstractumque fratribus detulit. Fit quoque ac de re gaudium, sed ammiratio maior; omnes tamen meritis hoc venerabilis viri Benedicti evenisse confessi sunt.[11] Haec enim ego a fideli fratre, ni fallor, ita didici. Alcoinus[12] quoque ex genere Anglorum, ordine levites, sapientia preclarus, sanctitatis merito vene||10||rabilis, regens monasterium beati Martini[13] confessoris, qui fuit Turonensium pontifex, quique in aula gloriosi imperatoris Karoli omni honore dignus habebatur, auditam expertamque viri Dei sancitatis famam, inviolabili se illi caritate coniuncxit, ita ut ex suis epistolis ei sepe directis adgregatis in unum unus conficeretur libellus.[14] Datis itaque illi muneribus, postulat obnixe, sibi monachos dari. Cui cum protinus venerabilis pater adsensum pre||15||buisset, equos misit, qui eos ferrent. Quos in monasterio cui nomen est Cormarine,[15] quod edificaverat, collocavit. Fuere etiam et hi, ut reor, 20 cum prelato sibi magistro. Ad quorum bonum conversationis exemplum magna est adgregata multitudo monachorum.   24. (36) Unterdessen erfuhren einige Bischöfe von dem Gerücht seiner Heiligkeit und von dem heilige Ansehen, in dem seine Herde stand, und begannen daher eindringlich Mönche anzufordern, die als Beispiel dienen sollten. Von diesen wollte Leidrad, der Bischof von Lyon, ein Kloster, das Île-Barbe genannt wurde, wieder aufbauen und erbat eindringlich, dass sie ihm den Zugang zu einem guten Leben zeigten. Und er erhielt etwa zwanzig Schüler aus der Gruppe, denen er einen Leiter vorsetzte und sandte sie nach Burgund, um dort zu leben. Dort sind sie nun dank des Wirkens Christi, des Herrn, stark und blühend in heiliger Religion, und die versammelte Schar der Mönche ist sehr groß. Und auch Theodulf, Bischof von Orleans, forderte, als er das Kloster St. Maximin errichten wollte, von dem bereits genannten Mann in der Beachtung der Regel erfahrene Männer. Diesem Anliegen stimmte er zu und schickte ihm zweimal zehn Mönche unter der Leitung eines Magisters. Diese bemühten sich unablässig mit heiligem Eifer und vereinigten eine nicht geringe Schar an Mönchen. Ich werde nun berichten, was sich ebendort ereignete, als der verehrungswürdige Vater sich zu einem Besuch dorthin begeben hatte. Als sie nämlich seine Ankunft erwarteten, bemühten sie sich mit allem Eifer, dass aus Liebe zu ihm Fisch und vorbereitete Speisen nicht nur für ihn, sondern auch für alle Brüder in überreichlicher Menge vorhanden waren. Alle Brüder liefen zusammen, die Fischer wurden angetrieben und die Wochenmärkte gründlich abgesucht. Aber es ergab sich die große Schwierigkeit, dass nichts zum Einkaufen gefunden wurde und von den Fischern nichts gefangen werden konnte. Wegen dieses Misserfolges wurden sie von großer Traurigkeit erfasst. In der Zwischenzeit kam der Meister, sie begrüßten ihn freudig, und er grüßte zurück und freute sich über ihre Fortschritte. Aber hinter einer fröhlichen Miene verbargen die Brüder ihre Scham. Später begab es sich, dass ein Bruder, der irgendeiner Aufgabe nachging, beim Fluss Loire stand. Und plötzlich erblickte er einen riesigen Fisch, den sie Isox nannten, der in der Nähe des Ufers schwamm. Ohne Zögern sprang er hinein, um ihn zu fangen, und brachte seinen Fang den Brüdern. Darüber freute man sich, noch größer aber war die Bewunderung, doch bekannten alle, dass sich dieses aufgrund der Verdienste des verehrungswürdigen Mannes Benedikt ereignet habe. Dies nämlich habe ich selbst von einem aufrichtigen Bruder so erfahren, wenn ich mich nicht täusche. Auch Alkuin, vom Volk der Angeln, im Weiherang eines Leviten, hochberühmt wegen seiner Weisheit, verehrungswürdig durch das Verdienst seiner Heiligkeit, der das Kloster des heiligen Bekenners Martin führte, der Bischof von Tours gewesen war, und der am Hof des ruhmreichen Kaisers Karl jeder Ehre würdig befunden wurde, auch Alkuin also war, nachdem er gehört und erfahren hatte, welche Heiligkeit dem Mann Gottes nachgesagt wurde, diesem in unverbrüchlicher Liebe verbunden, sodass ein Büchlein aus seinen gesammelten Briefen, die er häufig an ihn richtete, zusammengestellt wurde. Er übersandte ihm Geschenke und forderte beharrlich, ihm Mönche zu schicken. Nachdem der verehrungswürdige Vater diesem Anliegen ohne weiteres seine Zustimmung gewährt hatte, sandte er Pferde, die diese (die Mönche) dorthin bringen sollten. Er versammelte sie in einem Kloster namens Cormery, das er erbaut hatte. Es waren auch, wie ich glaube, zwanzig zusammen mit einem ihnen übergeordneten Lehrer. Durch das gute Beispiel ihrer Lebensführung wurde eine große Menge an Mönchen hinzugewonnen.
25. (37) Quae autem per idem tempus propicia Divinitate sint acta miracula, non ab re puto, si huic operi inserantur. Quidam siquidem frater ut tabulam sacratam, in qua beati Dionisii ||20|| erant reliquiae aliorumque sanctorum plantatae, missus est ab alia cella ad aliam deferre. Hisque secum pergens catulos detulit, tabulam vero sacratam post aliquos dies revertens, non lotis vestibus, incautus deferre nititur. Ingressus navigio properat – erat enim cella ipsa inter stagnum et mare sita –, set ut mox terram attigit, equumque ascendens, in quo catulos pertulerat, tabulam portaturus suscepit, divina hunc ultio perculit. Equus quidem eadem ora se in circulo rotando conversus est, quousque ||25|| frater in terram rueret, tabula quoque manibus eius elapsa inlaesa suscipitur; equus siquidem statim extinctus est; set et his qui ceciderat frater non sine magno est languore evectus,[16] a quo diu confectus, tandem sanitatem recepit. Hi vero fratres qui petendas reliquias miserant quae acciderant audientes, alium rursus fratrem mittunt. Qui quoniam erat sacerdos, secum crucem in qua lignum erat dominicum tulit. In stagnum vero ingressus, valida tempestate vexatur navicula; set mox ut crucem, quam collo ||30|| gestabat, undis tumentibus opposuit, quieverunt procellae. In cella vero quiescens, per somnium vidit mirae candoris[17] virum, qui eum ita affatus est: "Nisi", inquid, "lignum domini mei tecum adtulisses, nequaquam abhinc quo velles tempore exires". Admonetur itaque, ut pedester eas deferret; et quoniam non obtemperavit, deductas ad prefatam cellam reliquias, gravi est infirmitate percussus. Post haec autem in aecclesia eadem qua reliquiae fuerant delatae pharum pendebat, in cuius vascula permodicum ||35|| erat oleum; set in crastino plena reperta sunt. Hoc autem contigit per ter. Haec nempe his quibus languor acciderat narrantibus conperi.   25. (37) Ich halte es nicht für abwegig, diesem Werk hinzuzufügen, welche Wunder in dieser Zeit durch gnädige göttliche Macht vollbracht wurden. Ein gewisser Bruder wurde geschickt, um eine heilige Lade, in der die Reliquien des seligen Dionysius und anderer Heiliger aufbewahrt wurden, von einem Kloster zu einem anderen zu bringen. Er machte sich auf und nahm kleine Hunde mit sich; als er nach einigen Tagen mit schmutziger Kleidung zurückkehrte, wollte er die heilige Lade unbekümmert wegtragen. Er beeilte sich, ein Boot zu besteigen – das Kloster lag nämlich zwischen einem See und dem Meer –, aber sobald er das Land erreichte, das Pferd bestieg, auf dem er die kleinen Hunde transportiert hatte, und die Lade zum Transport aufhob, traf ihn göttliche Rache. In diesem Moment wurde das Pferd verhext, so dass es sich im Kreis drehte, bis der Bruder auf den Boden fiel, die Lade entglitt seinen Händen, blieb jedoch unversehrt; das Pferd starb sofort; der Bruder jedoch, der gefallen war, wurde nicht ohne großen Schmerz weggeführt, von dem er noch lange verzehrt werden sollte, und wurde schließlich gesund. Als aber die Brüder, die ihn geschickt hatten, um die Reliquien zu holen, hörten, was geschehen war, entsandten sie wiederum einen Bruder. Weil dieser Priester war, trug er ein Kreuz bei sich, in dem Holz vom Kreuz des Herrn war. Als er auf dem See war, wurde sein kleines Boot von einem heftigen Sturm hin- und hergeworfen; aber sobald er den tosenden Wellen das Kreuz, das er um den Hals trug, entgegenstreckte, beruhigte sich der Sturm. Als er sich in seiner Zelle ausruhte, sah er im Traum einen Mann umgeben von wunderbarem Licht, der ihn so ansprach: "Wenn Du nicht das Holz meines Herrn bei dir getragen hättest, könntest Du von hier nicht zu dem Zeitpunkt weggehen, zu dem du möchtest." Er wurde ermahnt, sie (die Reliquien) zu Fuß zu transportieren; und weil er nicht gehorchte, wurde er von schwerer Krankheit geschlagen, nachdem er die Reliquien zum vorgenannten Kloster gebracht hatte. Danach aber hing in der Kirche, in die die Reliquien gebracht worden waren, ein Leuchter, in dessen Gefäßen nur noch wenig Öl war; aber am nächsten Morgen fand man sie gefüllt. Dies aber geschah dreimal. Ich habe diese Dinge durch die Erzählung eben derer erfahren, die krank geworden waren.
26. (38) In montibus autem, in quibus fratres soliti erant alendarum ovium curam habentes habitare, sibi ad orandum exiguum oratorium construxerunt, in quo ingressae sunt mulieres, postquam fratres ab eo discesserant loco, et deridentes habitacula monachorum, aiebant ad invicem: 'Tu vicem abbatis habeto ||40|| in loco eius stans'. Sicque singulae ordinatim stantes in loco orationis quasi orantes, male surrecturae recumbebant. Vacua siquidem remanserant habitacula, in quibus aestatis tempore solummodo morabantur. Set eas statim digna subsequitur ultio. Tornutionibus vero vexari coeperunt; a quo ||f.8'.|| dolore non sunt ereptae, quousque viri earum subsecuti sunt monachos a montibus cum ovibus descendentes, eosque precati sunt, ut pro temerariis preces funderent. Orantibus autem fratribus, sanitati sunt continuo ||45|| redditae.   26. (38) In den Bergen aber, in denen die Brüder zu wohnen pflegten, wenn sie die Aufgabe hatten, die Schafe zu weiden, hatten sie sich für die Gebete eine kleine Kapelle gebaut, in die Frauen kamen, als die Brüder sich von dem Ort entfernt hatten. Sie machten sich lustig über die Unterkünfte der Mönche und sagten zueinander: "Du ersetzt den Abt und stehst an seiner Stelle." Und so standen sie an diesem Ort des Gebets aufgereiht, als ob sie beteten, und als sie niederknieten, konnten sie nur schlecht aufstehen. Die Unterkünfte, in denen sich die Mönchen nur zur Sommerzeit aufhielten, blieben leer. Die gerechte Strafe indes folgte für sie sofort: Krämpfe begannen sie zu quälen; von diesem Schmerz wurden sie nicht erlöst, bis ihre Männer den Mönchen, die mit ihren Schafen den Berg hinabgestiegen waren, folgten und sie baten, für die Leichtsinnigen zu beten. Durch das Gebet der Brüder aber wurden sie sogleich geheilt.
27. (39) Quidam inerguminus vice etiam quadam ad monasterium parentibus deducentibus suis venit, qui in baselicam beatae semperque virginis Dei genitricis Mariae collocatur. Pro quo dum orationem cum vigilia fratres fuderunt, sanitatem perceptam,[18] discessit in pace. Femina rursus inmundo spiritu plena ad monasterium pervenit, eamque in oratorium sancti Io||50||hannis babtistae, quod in cimiterium situm est, fratres cum vigiliis et orationibus custodiunt; quae prestante Deo sospes abscessit.   27. (39) Ein vom Teufel Besessener kam in Begleitung seiner Eltern zum Kloster und wurde in die Basilika der immer seligen Jungfrau und Gottesgebärerin Maria gebracht. Während der Vigil beteten die Brüder für ihn, er erlangte seine Gesundheit wieder und ging in Frieden davon. Eine Frau wiederum, die von unreinem Geist erfüllt war, kam zum Kloster, und die Brüder bewachten sie mit Vigilien und Gebeten in der Kapelle des heiligen Johannes des Täufers, die auf dem Friedhof steht; durch Gottes Hilfe konnte sie wohlbehalten weggehen.
28. Ad oratorium vero, quod in honore sancti Saturnini martyris dedicatum est, ubi venerabilis vir primum abitare coepit, si quis febricitans habierit et paululum dormierit, si fide non aesitaverit, incolumis revertetur ad propria. Quae multorum relatione didici, eorum videlicet qui per semet bene||55||ficium sanitatis experti sunt. Haec de miraculis nostris actis temporibus pauca dixisse sufficiat. Ad ordinem coeptum iuvante Deo redeamus.||S. 211||   28. Wenn ein Fieberkranker zu der Kapelle kam, die zur Ehre des heiligen Märtyrers Saturnin geweiht ist und wo der ehrwürdige Mann (Benedikt) zuerst wohnte, und dort ein wenig schlief, kehrte er geheilt zurück, wenn er im Glauben nicht zweifelte. Ich habe dies aus den Berichten vieler gelernt, die nämlich selbst die Gnade der Heilung erfahren haben. Es möge reichen, dieses Wenige zu den Wundern, die in unserer Zeit vollbracht wurden, zu sagen. Kehren wir mit Gottes Hilfe zur eigentlichen Reihenfolge zurück.
29. (40) Gloriosissimus[19] autem Ludoicus rex Aquitaniorum tunc, nunc autem divina providente gratia totius aecclesiae Europa degentis imperator augustus, sanctitatis eius viam compertam,[20] permaxime diligebat eiusque consilium libenter obtemperabat; quem etiam omnibus in suo regno monasteriis prefecit, ut normam salutiferam cunctis ostenderet. ||5|| Erant enim quaedam monasteria instituta canonica servantes, regulae autem precepta ignorantes. Cuius ille obediens iussis, circumivit singulorum monasteria, non solum semel et bis, sed et multis vicibus, ostendens monita regulae eamque eis per singula capitula discutiens, nota confirmans, ignota elucidans; sicque actum est providente Deo, ut omnia pene monasteria in Aquitania sita regularem susciperent formam. (41) Set is qui bonis ||10|| actibus semper invidet innocentiae adversarius et pacis inimicus non aequum decernit, si pii regis diutinus adaereret amiciciis, damnum suae parti inferre non dubitans, horum si eminus indivisa caritas permaneret; et quoniam naturae suae gloriam superbiendo amisit, in ea bona quae perdidit ne homo introducatur, totis viribus cavet; dolet enim, hominem miseratione Dei recuperari. Set nec mirum, si piorum probitate hostis ||15|| crucietur antiquus et eorum quos invincibiles cernit profectibus torqueatur; cum sint etiam plures qui huius malignitatis opera imitentur. Multi enim - quod dolendum valde est - uruntur alienis utilitatibus atque in eorum armantur odium, quorum sequi nolunt exemplum. Prefatis ergo proficuis actibus Deoque dignis agnitis, quorum stipatus agmine, invidiae iaculis armatus, male pugnaturus processit; et primum quidem clericorum in eius ||20|| derogatione accendit animos; tunc demum aulae regiae militum stimulat corda, quorundam etiam comitum subvertit mentem; omnesque pariter invidiae face succensi, non clam, set iam palam virus pestiferae mentis vomentes, circillionem[21] rerumque cupidum et prediis aliorum invasorem suarum animarum iugiter oratorem publica voce clamabant. Quorum vesana saevitia ad tantum nefas prorupit, ut animum serenissimi imperatoris Karoli erga ||25|| eum concitare temptarent. Set vir Dei bene secura conscientia nec derogationibus commovetur nec fraudulentis assertionibus perterritur. Palatium deinceps ac de re adiit. Quo[22] eunte, ||f.9.|| prohibere nonnulli conantur, adtestantes, si conspectibus imperatoris adsisterit, patriam ultra non visum iri,[23] quoniam erga se nimis imperialis ira foret accensa. Pergit tamen intrepidus, Dei miseratione confisus, illi spem suam committens, cuius pro amore ||30|| certabat non pigrus.[24] Esto[25], exilii decerneretur subire laborem, mentem suam agebat famulari Deo securiorem. Quodsi ab officio, ne preesset, pelleretur, omni desiderio actenus hoc se concupisse narrabat. At postquam in conspectu imperatoris astetit, ad tantam superna pietas tranquillitatem eius inflexit mentem, ut viso eo deoscularetur eique poculum propria porrigeret manu; et quem aemuli a proprio solo autumabant fieri extorrem, ||35||ad eum rediit magno cum honore. Sicque, divina ordinante misericordia, eum dum infamare conati sunt, predicarunt, et quem mentiendo odiosum reddere studuerunt, hunc non solum minimis, verum etiam magnatibus venerandum ostenderunt.   29. (40) Als aber der überaus ruhmreiche Ludwig, bislang König von Aquitanien, nun aber durch göttliche Vorsehung erhabener Kaiser der ganzen Kirche in Europa, von Benedikts Weg der Heiligkeit erfuhr, schätzte er ihn sehr und gehorchte gerne seinem Rat; er stellte ihn an die Spitze aller Klöster in seinem Reich, damit er allen die heilbringende Regel zeige. Es gab nämlich einige Klöster, die zwar den kanonischen Grundsätzen gehorchten, aber die Vorschriften der Regel nicht kannten. Benedikt befolgte Ludwigs Befehle und reiste von Kloster zu Kloster, nicht nur ein- oder zweimal, sondern viele Male, zeigte ihnen die Ermahnungen der Regel, erläuterte sie ihnen Kapitel für Kapitel, festigte das Bekannte und erklärte das Unbekannte; und so kam es, dass durch die Vorsehung Gottes fast alle in Aquitanien gelegenen Klöster die Vorschriften der Regel übernahmen. (41) Aber der, der gute Taten stets missgönnt, der Gegner der Unschuld und Feind des Friedens, hielt es für ungerecht, wenn Benedikt längere Zeit dem frommen König in Freundschaft verbunden wäre, er zweifelte nicht daran, dass dies seiner Seite schaden würde, wenn ihre Verbundenheit selbst über eine räumliche Distanz bestehen bliebe. Und weil er durch seinen Stolz seines ruhmreichen Wesens verlustig gegangen war, versuchte er mit allen seinen Kräften zu verhindern, dass der Mensch zu den guten Dingen geführt wird, die er verloren hat; es schmerzt ihn nämlich, dass der Mensch durch die Barmherzigkeit Gottes zum Heil geführt werde. Es wundert nicht, dass der alte Feind von der Rechtschaffenheit der Gläubigen gequält und von denen gefoltert wird, bei denen er sieht, dass sie durch ihren Fortschritt unbesiegbar sind. Etliche hingegen ahmen die Taten seiner Boshaftigkeit nach. Viele nämlich – was sehr schmerzlich ist – stören sich an den Vorteilen der Anderen und wappnen sich mit Hass gegen die, deren Beispiel sie nicht folgen wollen. Angesichts der vorgenannten guten und Gott würdigen Taten, von deren Menge er umzingelt war, schritt er bewaffnet mit den Stacheln des Neides zum üblen Kampf; zunächst also entflammte er die Herzen der Geistlichen, um ihn (Benedikt) zu beseitigen, dann schließlich stachelte er die Herzen der Waffenträger am kaiserlichen Hof an und verwirrte auch den Geist einiger Grafen; und alle, die gleichermaßen vom Feuer des Neides entbrannt waren, spien nicht heimlich, sondern bald auch offen das Gift ihrer verdorbenen Köpfe aus, sie nannten ihn, der unermüdlich für ihre Seelen betete, öffentlich einen Circumcellionen, gierig nach Besitz und Eindringling in die Besitztümer der anderen. Ihre wahnsinnige Raserei steigerte sich zu solchem Unrecht, dass sie versuchten, die Gesinnung des allergnädigsten Kaisers Karl gegen ihn aufzuhetzen. Aber der Mann Gottes wurde durch ein ruhiges Gewissen weder durch Anfeindungen bewegt noch durch tückische Behauptungen erschreckt. Wegen dieser Angelegenheit ging er alsbald zum Palast. Auf dem Weg dorthin versuchten einige, ihn zu hindern und behaupteten fest, dass er, wenn er vor dem Kaiser erscheine, danach seine Heimat nicht wiedersehen werde, weil der kaiserliche Zorn gegen ihn stark entbrannt sei. Er setzte seinen Weg unerschüttert fort und vertraute auf die Barmherzigkeit Gottes, auf den er seine Hoffnung setzte, weil er unverdrossen für seine Liebe kämpfte. Falls beschlossen würde, dass er die Qual des Exils auf sich nehmen müsse, dachte er, dass er Gott sorgloser dienen könnte. Wenn er von seinem Amt vertrieben würde, damit er nicht mehr Vorsteher sei, würde er sagen, dass er sich dies bis dahin mit ganzer Sehnsucht gewünscht habe. Als er danach vor den Kaiser trat, wandte die göttliche Milde dessen Geist zu solcher Ruhe, dass dieser ihn, sobald er ihn sah, umarmte und ihm eigenhändig einen Becher reichte; und der, von dem die Eiferer meinten, er werde vom eigenen Land vertrieben, kehrte mit großer Ehre dorthin zurück. Und durch die Anordnung der göttlichen Barmherzigkeit rühmten ihn so die, die versucht hatten, ihn in Verruf zu bringen, und zeigten ihn, den sie durch Lügen verhasst machen wollten, nicht nur den Kleinen, sondern auch den Großen, damit sie ihn verehrten.
30. (42) Guilelmus[26] quoque comes, qui in aula imperatoris pre cunctis erat clarior, tanto dilectionis affectu beato Benedicto deinceps adaesit, ut, seculi dignitatibus dispectis, hunc ||S. 212|| ducem viae salutaris eligeret, qua pertingere posset ad Christum; acceptamque tandem convertendi licentia[m], magnis cum muneribus auri argentique ac pretiosarum vestium spetiebus ||S. 213|| subsequitur venerabilem virum. Nec mora in deponendi comam fieri passus est, quin potius die natalis apostolorum Petri et Pauli, auro textis depositis vestibus, christicolarum induit abitum, seseque caelicolarum adscisci numero quantocius congaudens. Vallis vero a beati viri Benedicti monasterio ferme 4 distat milibus, cui nomen est Gellonis,[27] in qua ||5|| construere prefatus comes in dignitate adhuc seculi positus cellam iusserat, illo se vitae suae tempore Christo tradidit serviturum. Et quoniam nobilibus natalibus ortus, nobiliorem se fieri Christi amplectendo pauperiem studuit summumque, quem genuino perceperat, pro Christo abiecit honorem, ratum puto, si de piis conversationis eius actibus pro nescientibus pandam. Etenim in cellam prefatam venerabilis pater Benedictus suos iam posuerat ||10|| monachos, quorum exemplo imbutus, infra paucos dies eos a quibus edoctus est virtutibus antecellit. Adiuvantibus quoque eum filiis,[28] quos suis comitatibus prefecerat, comitibusque vicinis, ad perfectum fabricam monasterii, quam coeperat, cito deduxit. Qui locus ita secretus est, ut solitudinem non desideret abitator. Cingitur denique nubiferis undique montibus; neque cuiquam illic accessus est, nisi quem ultroneus orandi causa deduxerit ||15|| animus. Tanta vero amoenitate est perfusus, ut, si Deo servire decreverit, aliorum non desideret loca. Siquidem adsunt vineae, quas prefatus vir plantare precepit, ortorum quoque copia, vallis stipata diversorum generibus arborum. Possessiones adquisivit plurimas. Petente siquidem eo, serenissimus rex Ludoycus spatioso hoc dilatavit termino, de fiscis suis ad laborandum concedens loca, vestes sacras perplurimas dedit, calices argenteos ||20|| aureosque et offertoria preparavit, libros[29] secum perplures adtulit, altaria auro argentoque vestivit. In hanc nempe ingressus cellam, totum se dedicavit Christo, nichil mundanae pompae relinquens vestigium. Tantae autem deinceps umilitatis fuit, ut rarus aut nullus ex monachis ita flecti posset, dum obviare contingeret, ||f.9'.|| ut ab eo umilitate non vinceretur. Vidimus[30] sepe eum sedentem asinum suum, flascones vini in stratorio deferre eumque ||25|| super insedi, calicem in terga humeris vehentem nostri monasterii fratribus tempore messis ad refocilandam sitim eorum occurrere. In vigiliis quoque ita pervigil erat, ut vinceret cunctos. In pistrino, nisi occupatio aliqua prepediret aut aegritudo tardaret, propriis operabatur manibus. Quoquinam vice sua complebat; in habitu summae humilitatis adsumpserat formam; ieiunii amator extitit, orationibus instans, compunctioni con||30||tinuus; vixque corpus Christi poterat percipere, priusquam lacrimarum eius in terram decurrerent guttae. Lectuli quoque duritiam avide expetebat; set propter eius invalitudinem Benedictus pater culcitram, eo nolente licet, substerni fecit. Aiunt nonnulli, se quia sepe pro Christi amore flagellis caedi, nullo alio preter eo qui aderat conscio, iussit. Mediis fere noctibus glacialibus profusus rigoribus, uno perraro tectus tegmine, sepe in oratorium, ||35|| quod in honore sancti Michaelis construxerat, soli Deo notus, vacans orationibus stabat. His aliisque virtutum fructibus intra exiguos stipatus annos, imminere sibi diem mortis cognoscens, cunctis monasteriis in regno domni Karoli pene sitis per scripturam notum fieri iussit, se ab hoc iam seculo migrasse; sicque deinceps copias virtutum reportans Christo vocante migravit e mundo. Haec pro scire cupientibus dixisse sufficiant; ad ||40|| coeptum rursus redeamus opus.   30. (42) Und Graf Wilhelm, der am Kaiserhof, verglichen mit den übrigen, der berühmteste war, war Benedikt in so großer Zuneigung zugetan, dass er die Ehren des weltlichen Lebens verachtete und ihn als Führer auf dem Weg des Heils wählte, auf dem er zu Christus gelangen konnte. Als er die Erlaubnis, Mönch zu werden, erhalten hatte, folgte er dem ehrwürdigen Mann mit vielen Gold- und Silbergeschenken und der Pracht kostbarer Gewänder. Er duldete keinen Aufschub darin, sich scheren zu lassen, und schon am Namenstag der Apostel Petrus und Paulus legte er seine golddurchwirkten Kleider ab und das Gewand der Christusdiener an und freute sich, dass er so schnell in die Schar der Diener des Himmels aufgenommen wurde. Ungefähr vier Meilen vom Kloster des seligen Mannes Benedikt entfernt liegt ein Tal, dessen Name Gellone ist, in dem der vorgenannte Graf ein Kloster erbauen lassen hatte, als er noch mit den weltlichen Ehren bekleidet gewesen war. Dorthin begab er sich nun, um Zeit seines Lebens Christus zu dienen. Und weil er ja von edler Herkunft war, bemühte er sich, noch edler zu werden, indem er die Armut Christi annahm, und gab für Christus die hohe Ehre auf, die er durch seine Geburt erhalten hatte. Ich halte es für gerechtfertigt, wenn ich für die, die sie noch nicht kennen, von den frommen Taten seines Lebens berichte. Der ehrwürdige Vater Benedikt hatte nämlich schon seine Mönche in dem vorgenannten Kloster untergebracht, und von ihrem Beispiel erfüllt übertraf Wilhelm, der von ihnen eingewiesen worden war, sie nach wenigen Tagen an Tugend. Mit Hilfe seiner Söhne, die er an die Spitze seiner Grafschaften gestellt hatte, und den benachbarten Grafen brachte er den Bau des Klosters, den er begonnen hatte, schnell zu Ende. Der Ort ist so abgelegen, dass derjenige, der dort wohnt, sich keine Einsamkeit wünscht. Er ist nämlich an allen Seiten von wolkenverhangenen Bergen umgeben; und niemand hat dort Zugang außer dem, den ein williger Geist hinbringt, um zu beten. Er ist aber voll von solchem Liebreiz, dass derjenige, der beschlossen hat, Gott zu dienen, sich nicht nach anderen Orten sehnt. Es gibt nämlich Weinberge, die der vorgenannte Mann anlegen ließ, und auch eine Menge Gärten, so dass das Tal voll mit verschiedenen Baumarten ist. Wilhelm erwarb viele Besitzungen. Auf seine Bitte hin erweiterte der allergnädigste König Ludwig sie durch eine großzügigige Landschenkung, indem er ihm Gebiete aus dem Fiskus zur Bearbeitung überließ. Er gab viele Messgewänder, schenkte silberne und goldene Kelche und Opferschalen, brachte sehr viele Bücher mit und kleidete die Altäre mit Gold und Silber ein. Mit seinem Eintritt ins Kloster gab Wilhelm sich ganz Christus hin und hinterließ keine Spur von weltlichem Prunk. So groß aber war seine Untergebenheit, dass nur wenige oder keiner von den Mönchen sich so verbeugen konnte, wenn er ihm einmal begegnete, dass er nicht von ihm an Demut übertroffen wurde. Wir sahen ihn oft, wie er auf seinem Esel saß, um Flaschen mit Wein ins Lager zu bringen, oder wie er sich auf ihn setzte, ein Fässlein auf dem Rücken tragend, um sich zur Erntezeit zu den Brüdern unseres Klosters zu begeben und ihren Durst zu löschen. Auch bei den Vigilien war er so wachsam, dass er die übrigen übertraf. Wenn ihn nicht eine andere Aufgabe abhielt oder ihn Krankheit hinderte, arbeitete er selbst in der Bäckerei. Wenn er an der Reihe war, verrichtete er den Küchendienst; bei seiner Kleidung hatte er eine Form von höchster Demut angenommen; er erwies sich als Verfechter des Fastens, immer betend und unterbrochen voller Reue; und er konnte kaum den Leib Christi empfangen, ohne dass Tränen auf die Erde kullerten. Er forderte begierig ein hartes Bett; doch, auch wenn er nicht wollte, ließ ihn Vater Benedikt aufgrund seiner schwachen Gesundheit auf einem Polster schlafen. Einige sagen, dass er sich aus Liebe zu Christus oft geißeln ließ, was nur der, der dabei war, wusste. Mitten in der Nacht hielt er sich oft in eisiger Kälte niedergestreckt, selten von einer dünnen Decke geschützt, und nur von Gott wahrgenommen, in Gebete vertieft in der Kapelle auf, die er zu Ehren des heiligen Michael erbaut hatte. Nach wenigen Jahren reich an diesen und anderen Früchten seiner Tugenden erkannte er, dass sich der Tag seines Todes näherte, und befahl, sein Ableben fast allen Klöstern, die im Reich des Herrn Karl lagen, durch ein Schriftstück mitzuteilen; und bald verließ er auf Christi Ruf hin mit einer Fülle Tugenden diese Welt. Es reicht, diese Dinge für die, die es wissen wollen, zu sagen. Kehren wir zum begonnenen Werk zurück.
31. (43) Piissimus quoque Ludoycus rex, quo ab insanis magis magisque irridebatur Benedictus venerabilis abba, eo sibi eum in dilectionis sociabat multocius amore, sciens malorum esse consuetudinem profectibus obesse iustorum. Regina quoque pio affectu colebat eum; et quia iustum noverat, libenter obscultabat suisque muneribus sepissime ||45|| honorabat. Et quoniam turba discipulorum eius succreverat, et locus in quo ipse degebat ||S. 214|| infecundus, humusque sterelis pene et ardore solis superhustus est, dedit illi monasterium quod est in Arvernis territorio situm[31], quod sanctus Meneleus regio de semine ortus fundavit, in quo et iacet in corpore; ubi 12 direxit monachos, constituens eis abbatem summae reverentiae virum nomine Andoarium[32], qui a primaevo tempore conversionis suae ei ad||5||haeserat, virum probatum et multis laboribus adtritum. Quibus laborantibus pioque studio decertantibus, ferme 70 vel eo amplius illis, monachicam vitam pro posse servantes, adhaeserunt. Ad quod monasterium dum quadam vice egregius abba visendi gratia fratres adiret, ex alia parte eius adventum dum quidam abbas cum fratribus suis expeteret, contigit, eum ipsius monasterii cellam, ubi ecclesia in honorem Dei et Salvatoris nostri sita ||10|| est, advenire. Siquidem ibi primum habitare fratres coeperant; set, quia angustus erat locus, ad iam prefatum monasterium serenissimus rex eos transtulerat. Fratres autem qui ad providendam cellam remanserant videntes abbatem una cum suis, gavisi sunt. Et quia erat eis ingens paupertas, tristabantur. Set, quoniam ubi karitas est etiam exigua sufficiunt, iubet qui preerat fratribus vinum afferre; cui mox ille, nichil, inquit, esse in vasculo vinum. ||15|| Duo siquidem illis vascula euntes premodica reliquerant fratres, in quibus modicum erat vinum, ex quo vel missas canere vel dominicis diebus singulas perciperent potiones. Audito autem magister cellae illius, non esse vinum in vasculo, doluit; set confidens ait: 'Perge et affer nobis, quoniam pro amore patris nostri bibent hi qui ad eum properant, et non deficiet eis'. ||f.10.|| Perrexit frater, et abstracto duce,[33] egreditur vinum. Iam quidem prius ||20|| voluerat accipere, set nequaquam inventum, recesserat. Nunciat quod acciderat; glorificant Deum qui aderant et meritis domni Benedicti fieri profitentur. Biberunt ergo pro velle, et secum benedictionis causa tulerunt. Domnus quoque Benedictus cum suis adveniens, iuxta quod opus fuit accepit secumque ex eo in via tulit; sicque post haec cessavit vas fundere vinum. Ipsis nempe fratribus haec qui viderunt referentibus comperi, qui ||25|| usque nunc testes horum existunt.   31. (43) Der überaus fromme König Ludwig verband sich dem verehrungswürdigen Abt Benedikt, der von Verrückten mehr und mehr verlacht wurde, in Verehrung und immer größerer Liebe, weil er wusste, dass es die Gewohnheit der Schlechten ist, dem Gelingen der Gerechten hinderlich zu sein. Auch die Königin verehrte ihn in frommer Zuneigung. Weil sie ihn als Gerechten kennengelernt hatte, schenkte sie ihm gerne Aufmerksamkeit und ehrte ihn oft mit ihren Geschenken. Und als die Menge seiner Schüler wuchs, und der Ort, an dem er lebte, unfruchtbar, der Boden beinahe ohne Ertrag war und von der Hitze der Sonne versengt wurde, gab der König ihm ein Kloster, das in der Auvergne gelegen war und das der heilige Meneleus, aus königlichen Geblüt stammend, gegründet hatte, und wo auch dessen Körper begraben war. Dorthin sandte er 12 Mönche und setzte über sie einen Mann von höchster Achtung als Abt ein, der Andoar hieß und seit seiner Jugendzeit, seit seiner Conversio, Benedikt anhing – ein erprobter Mann, von der Arbeit vieler Jahre gezeichnet. Weil sie mit frommem Eifer arbeiteten und kämpften, hingen ihnen bald 70 oder mehr Leute an, die das mönchische Leben bewahrten so gut sie konnten. Einmal kam zu diesem Kloster der ehrenvolle Abt, um die Brüder zu sehen. Während der Abt mit seinen Brüdern die Ankunft Benedikts aus einer anderen Richtung erwartete, traf dieser bei der Zelle jenes Klosters ein, wo die Kirche zu Ehren Gottes und unseres Heilands gelegen ist. Freilich hatten die Brüder dort zuerst gewohnt, aber, weil der Ort so eng war, hatte der allergnädigste König sie zu dem schon genannten Kloster umgesiedelt. Die Brüder, die zum Unterhalt dieser Zelle dort waren, freuten sich, als sie den Abt mit den Seinen sahen. Aber betrübt waren sie, weil sie ungeheuer arm waren. Aber, da ja, wo Liebe ist, das geringste genügt, befahl der, der den Brüdern vorstand, Wein zu bringen. Bald sagte aber jener ihm, dass kein Wein im Fass sei. Als die Brüder gingen, hatten sie ihnen nur zwei kleinere Fässer zurückgelassen, in denen gerade so viel Wein war, dass sie damit die Messe feiern oder an Sonntagen einen einzelnen Trank zu sich nehmen konnten. Der Leiter jener Zelle aber war betrübt, als er hörte, dass kein Wein im Fass war, aber vertrauend sagte er: "Mache Dich auf und bringe es uns, denn aus Liebe für den Vater sollen die unseren trinken, die ihm entgegengehen, und es soll ihnen nicht fehlen." Der Bruder machte sich auf und als er den Hahn drehte, kam Wein heraus. Als er vorher Wein herausholen wollte, aber überhaupt keinen gefunden hatte, hatte er resigniert. Jetzt erzählte er, was passiert war; die Anwesenden lobten Gott und bekannten, dass dies durch den Verdienst des Herrn Benedikt geschehen war. Sie tranken also, soviel sie wollten und nahmen des Segens wegen etwas mit sich. Als der Herr Benedikt mit den Seinen ankam, nahm er ebenso davon, soviel nötig war und trug auch etwas mit sich auf seinem Weg. Nach dieser Begebenheit hörte das Fass auf, Wein zu vergießen. Diese Brüder, die das gesehen haben, haben es mir berichtet, ich habe es genau erfahren. Denn diese leben noch heute als Zeugen dieser Begebenheit.
32. (44) Alia rursus vice in eodem monasterio venit. Post longum vero predicationis sermonem pioque confabulationis alloquio discessurus, pacis osculum fratribus prebet. Quidam autem frater inter alios osculaturus accessit; quem perspectum,[34] vir Dei protinus substitit pacisque osculum paululum negavit; post increpationem vero congruam, nobis ||30|| mirantibus, fratrem deosculatus est. Post hunc quoque inter alios alter adfuit frater, cui similiter fecit; tunc demum ultimo vale dicens fratribus habiit. Illo autem abeunte, in crastino compertum est, quoniam fratres illi fugam arripere disposuerant. Intelleximus tunc, quoniam ob hanc causam eos, revelante sibi sancto Spiritu, venerabilis abba osculari tardabat, quorum perversam voluntatem etsi non patenter ostendit, turbatas tamen con||35||scientias salubriter increpavit.   32. (44) Ein anderes Mal kam er wiederum in dieses Kloster. Als er wieder aufbrechen wollte, nach einer langen Predigt und nach frommem und vertraulichem Gespräch, gab er den Brüdern den Friedenskuss. Als einer der Brüder aber sich zu küssen anschickte und der Mann Gottes dieses sah, hielt er sogleich inne und verweigerte den Friedenskuss für einen Moment. Nach einer angemessenen Zurechtweisung aber, die uns verwunderte, küsste er den Bruder. Dann war da noch ein anderer Bruder, bei dem er sich ähnlich verhielt. Daraufhin, nach einem letzten Abschied von den Brüdern, ging er endgültig. An dem Morgen, an dem er gerade ging, wurde aufgedeckt, dass jene Brüder beabsichtigt hatten, aus dem Kloster zu fliehen. Wir verstanden nun, dass der verehrungswürdige Abt wegen dieser Sache, die ihm der Heilige Geist enthüllt hatte, zögerte, sie zu küssen. Wenn er auch ihren bösen Willen nicht öffentlich machte, tadelte er doch ihr verwirrtes Gewissen in heilsamer Weise.
33. (45) Alium demum illi monasterium gloriosimus rex dedit, ubi, ut reor, 20 monachos misit abbatemque illis constituit. Situm vero est monasterium illud in territorio Pictavense et dedicatum in honore sancti Savini[35]; in quo positi fratres dum in piis studiis vigilanter desudant, turba monachorum non parva eis adiungitur. Rursus ei aliud contulit ||40|| monasterium, quod est in territorio Bituricensi[36] situm, illoque 40 ferme posuit monachos constituitque abbatem; et quoniam locus ille novo opere erat fundandus, adiutorium prestitit, libros vestesque sacras dedit. At illi in sanctae religionis habitu florentes sanctaeque conversationis normam pandentes, unitatem quoque spiritus servantes in vinculo pacis[37], permaximum intra Christi ovile gregem monachorum adgregarunt.   33. (45) Schließlich gab ihm der hochruhmreiche König ein weiteres Kloster, wohin er, wie ich meine, 20 Mönche schickte und einen Abt einsetzte. Jenes Kloster lag im Gebiet von Poitiers und war dem heiligen Savinus geweiht. Während die dort eingesetzten Mönche in frommem Eifer unaufhörlich schwitzten, schloss sich eine nicht kleine Menge von Mönchen an. Wiederum überließ der König ihm ein weiteres Kloster, das im Gebiet von Berry gelegen war, und setzte dort fast 40 Mönche hin und ernannte einen Abt. Weil dieser Ort eine Neugründung war, ließ er ihnen Hilfe zukommen und gab ihnen Bücher und liturgische Gewänder. Sie aber blühten in der Ausübung der heiligen Religion, verbreiteten die Norm einer heiligen Lebensweise, dienten, dem Frieden verpflichtet, der Einheit des Geistes und fügten so der Herde Christi eine sehr große Schar von Mönchen hinzu.
||45|| 34. (46) Vulfarius etiam quidam nomine, Willelmi comitis consanguineus, vir inluster et nobilis, per cartam ei ad hedificandum monasterium locum tradidit in Albiensis confinio, ubi etiam monachos, ordinato illis abbate, fere 12 misit; et his etiam, quoniam novo opere fabricam monasterii coeptam perficere satagebant, libros plurimos contulit, vestes sacras prebuit, calicem argenteum ac offertoria crucemque et omnia quae illis necessaria ||S. 215|| fore perspexit administravit. Ipsi vero tam in hedificia rerum corporearum quam etiam in hedificatione animarum sanctaeque regulae institutis decertantes, magnam Christo Deo famulantium congregationem religiosorum fratrum adquisierunt.   34. (46) Ein gewisser Vulfarius, ein Verwandter des Grafen Wilhelm, ein berühmter und nobler Herr, übergab ihm beurkundet einen Ort im Gebiet von Albi, um dort ein Kloster zu errichten. Dorthin schickte er ungefähr 12 Mönche und setzte einen Abt ein. Und weil sie sich bemühten, mit neuer Anstrengung den bereits begonnenen Bau des Klosters fertigzustellen, überließ er ihnen mehrere Bücher, gab ihnen liturgische Gewänder, einen silbernen Kelch, Opfergefäße und ein Kreuz. Alles, was sie seiner Voraussicht nach brauchen würden, verschaffte er ihnen. Sie aber kämpften sowohl für den Aufbau der materiellen Dinge als auch für die Erbauung der Seelen und für die Etablierung der heiligen Regel und fügten den Dienenden für Christus, unseren Gott, eine große Schar religiöser Brüder hinzu.
35. (47) Post hobitum quoque serenissimi imperatoris Karoli, cum filius eius Ludoycus ||5|| rex Aquitanorum imperii curam suscepisset, Franciae eum partibus ire iussit, in Alsath Maurum-monasterium designavit, ubi plures suae vitae sequaces ex Aniano monasterio collocavit. Et quoniam magnum a palatio distat spatium locus prefatus, nec congruo occurrere tempore, cum vocaretur, poterat; et quia imperatori multis pro causis erat necessarius, placuit imperatori, ut non longe a palatio provideret locum abtum sibi, in quo cum ||10|| paucis quiescere posset. Sicque, prefecto abbate fratribus Mauro degentibus, ipse cum nonnullis imperatoris ||f.10'|| voluntati obtemperaturus accessit. (48) Vallis autem erat vicina, quae a palatio, ut reor, sex non amplius milibus distat, quae viri Dei placuit oculis; ibique imperator iussit construere miro opere monasterium quod vocatur Inda, mutuato de rivulo eiusdem vallis nomen.[38] In dedicatione vero aecclesiae adfuit imperator eamque de suis ||15|| copiosissime ditavit fiscis munitatemque iussit atque per scripturam, 30 ut ibidem Deo Christo famulantes persisterent monachi, statuit. Qua de re, ut numerus impleretur, venerabilis abba de notis monasteriis lectos iubet venire fratres, quos suo instrueret exemplo, essentque aliis documentum salutis, quousque instinctu divinae gratiae, seculari pompa relicta, aeterno Regi militare desiderantes ex eadem provincia in eorum subrogarentur ||20|| ordine. (49) Coepit autem post haec vir Dei palatinas terere fores olimque dimissum ob multorum utilitatem ferre tumultum. Omnes siquidem qui aliorum passi incommodis imperialia petebant suffragia, cum ad eum accederent, alacriter susceptos osculabatur, eorumque querimonias in scedulis inpressas tempore opportuno offerebat imperatori. Ex quibus adsuetus aliquoties serenissimus imperator mapulam manicasque eius palpans reperiebat repertas||25||que legebat atque ut utilius noverat decernebat; propter oblivionem quippe talibus in locis eas ferre solitus erat. Libenter etenim huiuscemodi querimonias audiebat imperator et ob id quam maxime sedulo illum in palacio fore iubebat. Etenim qui eum ex regni moderamine, ex dispositione provinciarum et ex suis consulerent utilitatibus, erant perplures; nullus prorsus afflictorum miseriis ita compaciebatur nullusque monachorum inopias ita ||30|| regi ut ipse pandebat. Erat[39] quippe miserorum advocatus, set monachorum pater; pauperum consolator, set monachorum eruditor; divitibus pabulum vitae prebebat, set monachorum mentibus regulae disciplinam inculcabat; omnium licet utilitatibus consuleret, monachorum tamen necessitatibus sedulo interveniebat.   35. (47) Nach dem Tod des allergnädigsten Kaisers Karl, als sein Sohn Ludwig, König von Aquitanien die Sorge für das Imperium übernommen hatte, befahl ihm dieser, in die Region von Franken zu gehen. Er bezeichnete Marmoutier im Elsass, wo Benedikt dann viele Anhänger seiner Lebensweise aus dem Kloster Aniane zusammenrief. Und weil der vorher genannte Ort sich weit vom Palast entfernt befand, so dass Benedikt nicht rechtzeitig kommen konnte, wenn er gerufen wurde, und weil der Kaiser ihn zu vielen Gelegenheiten brauchte, beschloss der Kaiser, ihm einen geeigneten Platz, nicht weit vom Palast entfernt, zu überlassen, wo er mit einigen wenigen ruhig leben konnte. Nachdem er den Brüdern in Marmoutier einen Abt gegeben hatte, schickte er sich an, mit einigen Gefährten dem Willen des Kaisers zu gehorchen. (48) Es gab dort ein benachbartes Tal, das, wie ich meine, nicht weiter als sechs Meilen vom Palast entfernt lag und das dem Gottesmann zusagte. Dort befahl der Kaiser, in einer bewundernswerten Anstrengung das Kloster zu errichten, das Inden genannt wird, nach dem Namen, der dem Flüsschen dieses Tales entliehen war. Zur Weihe der Kirche war der Kaiser selbst anwesend, und er beschenkte sie reichlich aus Fiskalbesitz. Er verlieh Immunität und setzte in einer Urkunde fest, dass dort 30 Mönche im Dienst für Christus, unseren Gott, bleiben sollten. Deswegen, um diese Zahl voll zu machen, ließ der verehrungswürdige Abt von besagten Klöstern ausgewählte Brüder kommen, die er nach seinem Vorbild unterrichtete. Diese sollten ein Zeugnis des Heiles für andere sein, bis solche aus dieser Provinz, durch den Anreiz göttlicher Gnade, die Pracht des Weltlichen zurücklassend, dem ewigen König zu dienen wünschen und für ihren Orden ausgewählt werden würden. (49) Der Mann Gottes begann danach, im Palast ein und aus zu gehen und ertrug wieder das einst aufgegebene Getriebe des Hofes zum Nutzen vieler. Alle, die die Hilfe des Kaisers erbaten, weil sie Beeinträchtigungen von anderen erlitten, küsste er freudig, wenn sie zu ihm kamen, und nahm sie auf. Ihre Klagen schrieb er auf Zettel und überbrachte sie zu geeigneter Zeit dem Kaiser. Einige Male daran gewöhnt, strich der allergnädigste Kaiser über dessen Serviette und Ärmel, fand sie und las die gefundenen Zettel. Nachdem er sie dann kannte, entschied er in nützlicherer Kenntnis. Wegen seiner Vergesslichkeit pflegte er sie freilich an diesen Stellen zu tragen. In der Tat hörte der Kaiser bereitwillig derartige Klagen an und deshalb ließ er Benedikt sich so oft wie möglich im Palast aufhalten. Es waren viele, die dem Kaiser bezüglich der Lenkung des Reiches, der Maßnahmen bezüglich der Provinzen und der Regierungszwecke berieten; keiner wurde durch das Elend der Betrübten so ergriffen und keiner zeigte dem König die Bedürftigkeit der Mönche so auf wie Benedikt. Er war Anwalt der Elenden, aber ein Vater der Mönche, Tröster der Armen, aber Lehrer der Mönche. Den Reichen reichte er die Speise des Lebens, aber die Disziplin der Regel verankerte er fest in den Köpfen der Mönche. Wenn er ihn auch zum Nutzen aller beriet, trat er für die Notwendigkeiten der Mönche besonders eifrig ein.

Anmerkungen

[1] In Arles tagte im Mai 813 eine der fünf großen Reformsynoden unter Karl dem Großen (MGH Conc. 2, 2, hg. von A. Werminghoff S. 248--253). Die Teilnahme Benedikts ist allerdings nur hier belegt.

[2] @@@ Übersetzung noch unklar.

[3] Hier wie im folgenden Satz steht si "in realen Kondizionalsätzen mit Konjunktiv", Rädle, Smaragd S. 85.

[4] Dieser Satz wird von Rädle, Smaragd S. 86 als Beleg dafür angeführt, "wie mangelhaft Ardo die lateinische Sprache beherrscht".

[5] Eine Elle dürfte knapp 50 cm lang sein, sodass das Haus etwa 50 m auf 10 m messen dürfte.

[6] Leidrad, aus Bayern stammender, als führendes Mitglied der karolingischen Reformer profilierter Erzbischof von Lyon, nach 816 gestorben als Mönch des Klosters St. Médard in Soissons (Hubert Mordek, LexMA 5 (@@@@) Sp. 1855).

[7] Île-Barbe, Ansiedlung der Mönche erfolgte kurz nach 800 (H. J. Schmidt, LexMA 5 (@@@@) Sp. 1983)

[8] Theodulf von Orléans, gest. 821, bedeutender Theologe, Dichter und Bischof (818 von Ludwig dem Frommen abgesetzt), vgl. H. Sauer, LexMA 8 (@@@@) Sp. 647 ff.

[9] Micy St-Mesmin, im Bistum Orléans an der Einmündung des Loiret in die Loire gelegen, vgl. Th. Head, in LexMA 6 (@@@@) Sp. 612 f.

[10] Vielleicht Hecht.

[11] Vgl. Sulpicius Severus, Dialogi 3, 10 (Pierre Bonnerue, in: Ardon, vie de Benoît S. 82 Anm. 78).

[12] Alkuin, gest. 804 in Tours, der wohl bedeutendste Kopf der "karolingischen Renaissance", geboren um 730 in Northumbria, von Karl schon 781 an seinen Hof gerufen, seit 796 Abt des Klosters St. Martin, vgl. W. Heil, in: LexMA 1 (@@@@) Sp. 417–419.

[13] Martin von Tours, gest. 397 als Bischof von Tours, Asket und Mönch, dank seiner Verehrung schon durch Chlodwig zum fränkischen Reichsheiligen geworden, vgl. D. von der Nahmer, in: LexMa 6 (@@@@) Sp. 344–345.

[14] Erhalten sind gerade einmal zwei Briefe aus den Jahren 782–796 (hg. von E. Dümmler, MGH Epp. 4, München 1895 S. 99–101, Nr. 56 und 57). Vgl. Pierre Bonnerue, in: Ardon, vie de Benoît S. 82 Anm. 80.

[15] Kloster im Kanton Montbazon, Dept. Indres-et-Loire, arrondissement Tours. Vgl. Pierre Bonnerue, in: Ardon, vie de Benoît S. 82 Anm. 81.

[16] Syntaktischer Fehler, Rädle, Smaragd S. 85.

[17] Genusfehler, vgl. Löfstedt, Zu Ardos Vita S. Benedicti S. 179. Der gleiche Fall bereits oben S. 204, 44.

[18] Accusativus absolutus, Rädle, Smaragd S. 85.

[19] Syntaktisch fehlerhafter Satz, Rädle, Smaragd S. 85.

[20] Accusativus absolutus, Rädle, Smaragd S. 85.

[21] Vgl. W. Frend, in: LThK 3. Aufl. 2 1994 Sp. 1202–1204 und W. Schuller, in: LexMA 2 (1983) Sp. 2097 f.

[22] Dieser Satz wird von Rädle, Smaragd S. 86 als Beleg dafür angeführt, "wie mangelhaft Ardo die lateinische Sprache beherrscht".

[23] Statt visurum, vgl. Löfstedt, Zu Ardos Vita Benedicti S. 178.

[24] statt piger Rädle, Smaragd S. 85.

[25] Das vorangestellte Esto begründet hier wie auch oben bei Esto, occulendum esse ein konditionales Verhältnis, Rädle, Smaragd S. 85.

[26] Graf von Toulouse, gest. 28. Mai 812, mit möglicher, aber unbestimmter Verwandtschaft zu den Karolingern, hatte in den Chansons de Geste ein literarisches Nachleben, vgl. G. Lubich, Wilhelm I. der Heilige, in: LexMA 9 (1998) Sp. 151 f.

[27] Saint-Guilhelm du Désert (Gellone), vgl. U. Vones-Liebenstein, in: LexMA 7 (@@@@) Sp. 1166. 6 km nördlich von Aniane gelegen, vgl. Bonnerue S. 87 Anm. 85.

[28] Zu den Söhnen vgl. Bonnerue S. 88 Anm. 87. Der bedeutendste von ihnen war Bernhard von Septimanien.

[29] Möglicherweise stammt das Sakramentar des Codex Paris, Bibliothèque nationale de France, lat. 12048 (Sacramentarium Gellonense) aus dieser Schenkung. Vgl. Pierre Bonnerue, in: Ardon, vie de Benoît S. 89 Anm. 89.

[30] Vidimus sepe eum sedentem – humeris vehentem: Schwer übersetzbare Stelle, außerdem syntaktisch fehlerhaft, Rädle, Smaragd S. 85.

[31] Menat (Auvergne), vgl. Gallia christiana 2 (1720) Sp. 366 ff., vgl. im übrigen: http://fsc.cluny.free.fr/sites/menat1.htm.

[32] Über Andoarius ist weiter nichts bekannt.

[33] Vgl. Löfstedt, Zu Ardos Vita S. Benedicti S. 179: "Spund", vgl. ferner MGH S. 15, 1 S. 214 Anm. 2.

[34] Accusativus absolutus, Rädle, Smaragd S. 85.

[35] St. Savin im Dép. Vienne, vgl. Gallia christiana 2 (1720) Sp. 1285ff., vgl. auch http://www.francebalade.com/poitou.stsavin.htm.

[36] Massay (vgl. @@@ Bonnerue S. 92 Anm. 93).

[37] Eph. 4, 3.

[38] mutato de rivulo eiusdem vallis nomen: 215, 13f. Kontamination aus accusativus und ablativus absolutus, Rädle, Smaragd S. 85.

[39] Als stilistisch ambitionierter Satz gewertet von Löfstedt, Zu Ardos Vita S. Benedicti S. 179.


Letzte Bearbeitung: $Date: 2008-10-23 19:52:24 $